Tattoos und Social Media


Ich frage mich, wie viele Kollegen und Kolleginnen von Zeit zu Zeit inne halten und sich fragen, warum sie eigentlich tätowieren. Ein Kunde fragte mich vor Kurzem genau diese Frage und ich fand darauf keine spontane Antwort. Ich begann vor 7 Jahren zu tätowieren und davor war ich von Tattoos schon immer völlig fasziniert. Ich kann mir mein Leben ohne Tattoos nicht vorstellen, aber ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, woher diese Leidenschaft stammt.

Eine Tätowierung ist ein Vertrag zwischen drei Personen. Dem Kunden, dem Künstler und dem Betrachter. Einige Tätowierungen sind versteckt platziert und sehr persönlich. Sie werden vom Träger nur für ein ausgewähltes Publikum zur Schau gestellt. Andere Tätowierungen sind sehr offensichtliche Statements und dann gibt es noch eine Grauzone zwischen diesen beiden Punkten.

Tätowieren in München


Im Zeitalter von Social Media wird heutzutage jedes neue Tattoo auf Plattformen wie z.B. Instagram der Öffentlichkeit präsentiert.


Ich staune immer wieder darüber, wie diese harmlos wirkenden Netzwerke, die Welt vollständig verändert haben. Regierungen werden gestürzt, wegen eines einhundertvierzig Zeichen langen Tweets irgendeiner Bürgerinitiative. Politiker versuchen Volksaufstände gegen sie zu verhindern, indem sie ihren Bürgern die Verbindung zu Twitter und Facebook kappen. Sie fürchten die Macht der sozialen Konnektivität des Volkes.

Ich befürchte, dass Instagram die Beweggründe, warum wir tätowieren beeinflussen könnte.

Versteht mich nicht falsch, ich glaube, Instagram ect. sind für Künstler ein fantastisches Werkzeug und ich benutze diese Plattformen fast täglich. Ich liebe es, ein Foto von einem frisch gestochenen Tattoo in meinem Feed zu veröffentlichen und dieses mit meinen Freunden und Kollegen zu teilen.

Ebenso will ich in der Lage sein, zu sehen was meine Kollegen täglich für Arbeiten kreieren. Aber tätowieren wir um unsere Kunden glücklich zu machen oder nur für „Likes“ und Popularität bei unseren Online-Followern? Wenn wir nur für die Popularität im Internet tätowieren, wird uns das glücklich machen? Wird es uns Zufriedenheit bringen für uns selbst und unsere Arbeit? Wie viele „Likes“ oder Fans sind genug, um zu wissen wo wir als Künstler stehen? Wie viel Selbstwertgefühl bekommst du auf der Grundlage der Anzahl der Fans und Follower die du hast?

Heutzutage prahlen zu viele Tätowierer damit, wie viele Likes oder positive Bewertungen ihr neuestes Tattoo auf Instagram bekommen hat. Wie glücklich der Kunde war oder wie zufrieden sie selbst mit ihrem neuesten Stück sind rückt in den Hintergrund.

Ich würde behaupten, dass mehr und mehr Follower und Fans zu haben, eigentlich nur der Zuckerguss ist und nicht der Kuchen auf den wir hungrig sind. Der Kuchen bedeutet, eine Gruppe an Menschen zu finden, die die Arbeit, die wir im realen Leben machen lieben und schätzen. Diese Kundenbeziehungen mit unserer Kunst, unseren Fähigkeiten und unserer Persönlichkeit von Angesicht zu Angesicht zu pflegen ist viel mehr Wert als für ein virtuelles Publikum zu tätowieren.

Worum geht es mir beim Tätowieren?

Ich genieße es meine Arbeit auf Instagram und Facebook zu teilen, weil ich es toll finde ein Teil einer größeren Gemeinschaft zu sein. Ich wünschte mir nur, dass es eine Möglichkeit gäbe den „Like-Button“ zu deaktivieren. Tätowieren ist für mich Kreativität, Tradition und Innovation, kein Wettbewerb oder Drang zur Popularität.
“Work for a cause, not for applause. Live life to express, not to impress. Don’t strive to make your presence noticed just make your absence felt.” – Unbekannt

Euer Tom und das ganze Team

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